Rescue Water Craft
Seit März 2023 ist ein weiteres Rettungsmittel in der Wasserwacht Bayern per Beschluss offiziell anerkannt – das „Rescue Water Craft“ (RWC) , ein Jetski, welcher speziell für die Wasserrettung umgebaut und modifiziert wird. Ein ef fektives und innovatives Ret tungsgerät und mitnichten für das Vergnügen in Gebrauch. „Es gibt uns die Möglichkeit, genau die Lücken, die wir bei manchen Einsatzlagen haben, zu schließen und schneller und besser helfen zu können. Gerade in Fließgewässern hat es sich bereits bewährt“, sagt Alexander Hohenester, Leiter der AG Bootsdienst und Wasserfahrzeuge.
Die Wasserwacht Bayern hatte in 2022 zwei RWCs bestellt, die Ende Juli 2023 in Dienst gestellt wurden. Ein paar Ortsgruppen haben ebenfalls bereits ein RWC angeschafft, darunter Werner Gerl und Martin Gschwilm. Beide befassen sich seit Jahren mit dem RWC – Gerl in Niederbayern, Gschwilm in Schwaben. Werner Gerl stand als Erster 2014/2015 mit der Firma WaterRescue in Kontakt, die mit viel Know-how das Gefährt für den professionellen Einsatz herstellt und die notwendige Ausbildung nach internationalen Standards durchführt. Gerl ist TechnischerLeiter der Kreiswasserwacht Dingolfing-Landau und stellvertretender Bezirksbootsausbilder im Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz. Aus seiner Feder istdie Idee entstanden, einen RWC in der Wasserret tung einzusetzen. Sein Wissen ist auch in der aktuellen Konzeptionierung des Pilotlehrgangs in Zusammenarbeit mit dem Landesverband gefragt. Martin Gschwilm wurde auf einer Messe auf das RWC aufmerksam. In seiner Ortsgruppe Bobingen ist es seit 2016 im Einsatz, sogar in zweifacher Ausführung. Das neuere Modell ist weiterentwickelt und verfügt über einen nahezu unkaputtbaren Bootsboden. „Die Entstehung eines RWC ist vergleichbar mit dem Umbau eines Sprinters zu einem Wohnmobil“, erklärt Gschwilm. Auf den fahrbaren Untersatz werden spezielle Aufbauten gesetzt. Ein gepanzerter Rumpf sorgt für Sicherheit und Schutz. Hinzu kommt ein Rescue Sled, das mit einer patentierten Befestigung und einem massiven Aluminiumkern an das RWC angehängt wird. „Der Belag auf dem Sled ist rutschfest, auch als Patient muss ich mich nicht festhalten“, erzählt Hohenester. Zugelassen wird das RWC als Motorrettungsboot, wofür es auch konzipiert ist, nicht als Wassermotorrad. Diese dürfen im Freistaat nämlich nicht überall auf das Wasser.
Und dann rauf auf das RWC und los geht’s? So einfach ist es nicht. Der Fahrer (RWC-Führer) benötigt als Bootsführer Erweiterungsmodule in der Ausbildung, ebenso wie der Wasserret ter auf dem Rescue Board. Beides wird aktuell erarbeitet, unter anderem von Werner Gerl und Alexander Hohenester.
Die Vorteile des RWC als Rettungsmittel sind vielfältig. Gleichwohl etont Martin Gschwilm: „Es ist eine tolle Ergänzung in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel bei Hochwassereinsätzen, wenn Boote wegen Strömungen nicht einsetzbar sind. Wir können es sehr schnell einsetzen und benötigen keine Slipstelle. Es ist kranfähig und kann mit einer Drehleiter oder Ähnlichem herabgelassen werden. Weil es keinen Propeller und kaum Tiefgang hat, ist auch die Verletzungsgefahr geringer.“ Wendigkeit, Agilität und hohe Leistungskraft runden das RWC ab. Im Flachwasser und bei starken Strömungen hat es sich bereits bewährt (wir berichteten vom Einsatz in der Salzach in der vergangenen Ausgabe). Die Tatsache, dass man bereits allein als RWC-Führer Rettungen suffizient durchführen kann, ist ein weiterer großer Vorteil. „Bei Einsätzen unter der Woche und untertags, wenn wir weniger ehrenamtliche Einsatzkräfte zur Verfügung haben, ist das RWC ideal. Wir können damit schnell und mit geringem Personaleinsatz ret ten“, berichtet Gschwilm und ergänzt: „In meiner Ortsgruppe ist es fest mit in die SEG interiert und fährt standardmäßig mit zu Einsätzen aller Art. Auf dem Ammersee haben wir damit auch Boote abgeschleppt.“ Trotz seiner kompakten Größe ist das RWC erweiterbar. „Mit einem sogenannten Kalan, dabei schlüpft das RWC von hinten in eine Art Schlauchboot, das vom RWC angetrieben wird“, erklärt Alexander Hohenester.
In Werner Gerls Einsatzgebiet, das auch die Isar umfasst, kann das RWC bei Staustufen schnell umgesetzt werden. „Wir nutzen es auch zur Absicherung von Sportveranstaltungen, wie Triathlons. Aufgrund seiner Bauform macht das RWC weniger Wellen und blockiert die Schwimmenden nicht“, so Gerl. Nicht zu unterschätzen ist die große Anziehungskraft des RWC. „Bei der Öffentlichkeitsarbeit hat es sich als Eyecatcher bewährt“, berichtet Gschwilm.
Aber es kommt auch an seine Grenzen. So bietet es weitaus weniger Platz für gerettete Personen als ein Boot. Nur eine Person kann auf dem RWC transportiert werden. Ähnlich verhält es sich bei der Mitführung von Material. „Schwierig ist es zudem in Gebieten, in denen der Untergrund voller Pflanzen ist. Der Jetantrieb kann sich festsaugen und verstopfen“, erklärt Werner Gerl. Nicht zu unterschätzen ist die körperliche Fitness, die man als RWC-Führer und als RWC-Wasserretter mitbringen muss. „Das RWC wird immer im Stehen gefahren und muss ständig austariert werden. Das beansprucht den ganzen Körper und muss oft geübt werden“, so Hohenester. Im gemeinsamen Einsatz bringen Boot und RWC jeweils das Beste aus ihren Welten mit. Bei aller Euphorie richten alle drei aber einen Appell an Interessierte. Normale Jetskis zu kaufen und diese umzubauen, ist nicht sinnvoll. Stattdessen sollten Einheitlichkeit und Professionalität das Credo sein.